Wenn eine eine Wallfahrt tut ....
Von einer Bekannten wurde ich 2018 gefragt: „Gehste ach amoal mit Wall? Du dürfst ach fürbaat!“ Ich erinnerte mich, dass ich mit meiner Mutter oft in Retzbach war, allerdings mit dem Bus, und es als Kind wunderschön fand, wenn es abends eine Lichterprozession gab und die alten Marienlieder wie „Ave Glöcklein“ oder „Maria du im grünen Tal“ gesungen wurden. Also sagte ich zu und „wallte“ mit nach Münnerstadt. Doch als Vorbeterin konnte ich nicht so recht abschalten. Es mussten immer wieder Gebete, Texte und Lieder ausgesucht werden. So ganz zufrieden war ich danach nicht.
Als ich am vergangenen Samstag dann die Wallfahrer aus Fuchsstadt vor ihrem Start nach Retzbach segnen sollte, kam mir am Tag zuvor der Gedanke, dass ich da zumindest mal ein Stück mitwallen könnte. Die Vorberter/-innen standen fest und ich könnte ganz ungezwungen mitlaufen. „Warum wallt ihr immer am 1. Wochenende im September?“ fragte ich und bekam als Antwort, dass dies mit dem Marienfest „Mariä Geburt“, das am 8. September gefeiert wird, zusammenhängt.
Das Fest selbst geht vermutlich auf das Weihefest der Kirche der heiligen Anna in Jerusalem im 5. Jahrhundert zurück, wo das Geburtshaus Marias gestanden haben soll. Ab dem 7. Jahrhundert wurde es von Papst Sergius I. (687–701) mit einer eigenen Prozession bedacht.
„Maria im grünen Tal“ Retzbach ist schon seit dem 14. Jahrhundert eine Wallfahrtskirche und wird jetzt noch von 120 bis 130 Wallfahrtsgruppen im Jahr besucht, wovon ca. 30 Fußwallfahrtsgruppen sind. So eine kleine Fußwallfahrtsgruppe waren wir und ich musste schon ganz schön “schnaufen“ als wir gleich am Anfang einen steilen Berg in einem recht schnellen Tempo hochliefen. Im Wechsel von Liedern, Gebeten, verschiedenen nachdenklichen Texten und Stille ging es den Weg entlang. Es war für mich wirklich eine Zeit, in der ich nicht viel Denken musste, sondern wirklich abschalten und das, was gerade um mich herum war, aufnehmen konnte. Die herrliche Natur, die schönen Lieder und Gebete, die unterschiedlichen Menschen, mit denen ich ins Gespräch kam. Ich merkte, dass diese Gespräche, der Austausch untereinander für viele total wichtig und manche dankbar für ein offenes Ohr waren. Einer meinte, dass er hier runterfahren und zu sich kommen kann und eine andere wiederum freute sich, in den Texten Impulse für ihr Leben als Christ zu bekommen. Einem anderen war es wichtig die Tradition weiter zu tragen und eine Frau wollte ihre Grenzen, sich selbst wieder spüren. So unterschiedlich die Motive für das Mitwallen waren, so bildeten wir doch eine Gemeinschaft, die sich gegenseitig motivierte und einander unterstützte.
Kurz vor Retzbach hatten wir einen herrlichen Blick über die Weinberge auf den Main und ein großes Gefühl der Freude und Dankbarkeit über das, was Gott hier geschaffen hat, überkam mich. Als wir dann gemeinsam in die Wallfahrtskirche einzogen und die lächelnde Madonna sahen, waren alle gerührt. Jeder konnte in Gedanken sein „Päckchen“ an diesem Wallfahrtsort abladen.
Fazit für mich: Ein gelungener Tag mit viel Tiefgang, interessanten, fröhlichen Begegnungen und dem Bewusstsein, dass es noch viel mehr glaubende Menschen gibt, als die, die wir in der Kirche sehen! Nächstes Jahr walle ich vielleicht wieder...
Monika Hufnagel.
Gemeindereferentin im pastoralen Raum Hammelburg